Vor einiger Zeit kam jemand zu uns, weil er mit seinem
Player kein Bild auf dem Fernseher angezeigt bekam. Schnell stellte sich
heraus, dass das Kabel defekt war. So besorgte ich ihm fix ein neues. Nachdem
er mühevoll seine Gerätschaften zusammengepackt hatte und schon das Haus
verlassen wollte, fragte ich ihn freundlich, ob er nicht noch das Kabel
bezahlen wolle und wo sich das Kabel denn befände. Daraufhin packte er das
Gerät wieder aus und fand das neue Kabel neben dem alten ganz unten im Karton.
Statt es zu bezahlen, gab er es mir wieder in die Hand und meinte, er wolle
doch erst nach dem Bon des defekten Kabels schauen. Als ich abends einem
Kollegen diese Geschichte erzählte, lag für ihn die Absicht, das Kabel
unbezahlt mitzunehmen, glasklar auf der Hand. Ich sagte, das könne er doch nicht wissen.
Genauso möglich wäre, dass das Kabel völlig unbeabsichtigt im Karton gelandet
ist. Der Kollege grinste und sagte: „Du glaubst ja eh an das Gute im Menschen!“
Als mir diese Aussage später durch den Kopf ging, dachte
ich, ja, tatsächlich glaube ich an das Gute Menschen, nicht jedoch, dass alle
Menschen gut sind. Es ist manchmal schwer, dabei nicht naiv zu erscheinen. Es
heißt nicht, dass ich die Möglichkeit der Absicht völlig ausschließe, ich muss
es aber auch nicht zu meiner Grundeinstellung machen. Mir begegnen am Tag unzählige
Menschen, deren Aussagen man durchaus anzweifeln könnte. Möchte ich jedoch
darüber urteilen? Es belehrt mich immer eines besseren, es erinnert mich daran,
wie schön es ist, wenn man wirklich gute und ehrliche Menschen trifft. Das Urteil
darüber möchte ich jemand anderem überlassen. Und ja: An das Gute im Menschen
zu glauben ist für mich eine Grundeinstellung und gehört mit in den Bereich der
Nächstenliebe.
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